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Zum Leben

15. November 2015

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Sechs Tipps für mein Älterwerden Altwerden ist ein Prozess und kann auch gelernt werden.

I Lust und Freude am Leben gehören zu den Tipps fürs eigene Älterwerden, die man sich von der Begegnung mit Senioren abschauen kann.

Foto: Fotolia

was wir säen na Facht bei uns im Heim wäre. Ich führte die junge Frau zu unserer Bewohnerin und wurde Zeugin eines Freudenfestes  … Ab diesem Tag gaben sich die Besucher unserer neuen Bewohnerin die Klinke in die Hand, und wir erfuhren Tag für Tag mehr über die alte Dame. Katharina Facht war zwar kinderlos geblieben und immer alleinstehend, aber sie war nie ohne Kinder und nicht allein im Leben. Frau Facht war von Beruf Hauswirtschafterin gewesen und Kindermädchen. Sie hatte dutzende Kinder großgezogen und zu fast allen Schützlingen, auch nach dem Ende der beruflichen Beziehung, Kontakt gehalten. Auch nach ihrer Pensionierung blieb Frau Facht im Einsatz. Sie unterstützte alleinerziehende Mütter ihrer Nachbarschaft, indem sie stundenweise nach ihren Kindern sah. Beim Geburstagsfest schloss eine junge Frau ihre Rede mit dem Satz: „Katharina blieb im Leben kinderlos, aber sie war nie einsam. Einsam ist, wer sich nicht um andere Menschen bemüht. Einsam ist, wer keine Freunde hat.“ Wir ernten, was wir im Leben säen. Wer im Leben großzügig zu andern ist, bekommt im Alter Großzügigkeit zurück.

Nach einem langen Leben können wir hoffentlich ernten, was wir gesät haben. Leider nicht immer, aber oft bekommen wir erwiesene Liebe zurückgeschenkt. Foto: Fotolia

ch habe mir vorgenommen, mit positivem Blick in mein Älterwerden zu gehen. Was nicht bedeutet, dass ich alle Veränderungen mit Freude begrüßen werde. Aber älter zu werden hat auch positive Seiten. Meine Erfahrungen nimmt mir etwa keiner mehr, sie sind mein Schatz. Ich bin ruhiger und gelassener geworden, muss nicht mehr immer vorne in der ersten Reihe stehen, das spart Kraft und Energie. Heute weiß ich endlich, was ich will, und vor allem, was ich nicht will, und habe gelernt, Nein zu sagen. Um voller Kraft und mit Lust ins Älterwerden zu gehen, habe ich mir ein paar Leitlinien aufgestellt, sozusagen meine Tipps an mich selbst. 1. Lächeln, lächeln, lächeln. Ich habe mir vorgenommen, einmal viele Lachfalten zu haben, ich werde als alte Frau tausende Falten im Gesicht tragen, die von meiner Lebensfreude erzählen. 2. Farbe macht gute Laune. Wie immer mehr älter werdende Frauen pfeife ich auf Konvention und Anpassung. Ich kann auch meiner Lust auf Mode freien Lauf lassen. Grau wird irgendwann mein Haar sein, aber nicht mein Auftritt. 3. Leben im Augenblick und jetzt. Was regen wir uns über Dinge auf, die bereits vergangen sind. Wie oft fürchten wir uns vor Dingen, die noch gar nicht da sind. Was für eine Vergeudung von Lebensenergie. Es gibt so viele schöne Momente, die es wert sind, wahrgenommen zu werden, und die uns Energie geben. 4. Lust und Freude im Leben. Jede Frau kennt das: Du hättest im Café Lust auf ein Stück Torte, aber da ist das Wissen um die Kalorien und ihre Auswirkungen auf das ohnehin steigende Gewicht. Seien wir ehrlich, das Leben ist zu kurz für ewige Verbote und Kasteiung. Größe 38 macht nicht wirklich glücklicher als Größe 44. 5. Neues wagen, Verrücktes tun. Wie oft in meinem Leben wollte ich etwas Verrücktes tun, habe mich dann aber nicht getraut. Dabei gibt’s nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. 6. Kontakt zu jüngeren Menschen. Studien zeigen, dass ältere Menschen häufig vor allem mit Menschen ihres Alters in Kontakt sind und dem Kontakt zu jüngeren aus dem Weg gehen. Ich finde junge Menschen spannend und und erfreue mich daran, zu sehen, wie sie diese Welt erobern. Außerdem stärke ich gerne junge Frauen, sporne sie an, mache ihnen Mut. Anti-Aging und ein altbackenes Bild von Alter ist sicher nicht meine Welt. Ich werde nicht an meinem Älterwerden verzweifeln.


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